Begleittext zur Ausstellung, Düsseldorf, Oktober 2005
Volker Hermes: Delicious suicide
Nett garnierten Selbstmord zeigen die Bilder von Volker
Hermes. In appetitlichen Happen liegt der Künstler
in der Auflaufform, sein wie vom Metzger sauber abgeschnittener
Fuß steht in Socken mit Adidasschuh
auf einem Teller. Schmeckt's? Ein Fisch trägt seine
Mütze – und auch sein Gesicht. Der Künstler gibt alles,
um auf dem Kunstmarkt gefressen zu werden, auch
knusprig aufgespießt als Brathähnchen. Was auf den
ersten Blick wie Selbstzerstörung aussieht, ist es auch.
Aber wir müssen uns keine Sorgen machen. In so vielen
Rollen wie der Selbstmord passiert, kann er kaum
ernst sein. Er passiert wieder und wieder. Und so nett
zur Belustigung des Publikums.
Nur einer kann da nicht mehr lachen und auch nicht
mehr schreien mit einem Apfel im Maul. Die Frage
ist, ob er überhaupt lachen oder weinen würde. Denn
der marktgerechte Selbstmord wird so austauschbar,
dass er kaum noch spürbar sein kann. Damit wird das
Selbstportrait zur Selbstvergewisserung des Geschehens.
Wer sich der Realität seiner Situation vergewissern
will, kneift sich. Volker Hermes malt sich, um die
Wirklichkeit seiner Rolle vor Augen zu haben.
Der Künstler ist ein Objekt, ein belebtes zwar. Wir können
mit ihm Mitleid haben. Aber letztlich ist er doch nur
Objekt – wie ein Tier. Ein Objekt mit einem Wert, der
relativ und verhandelbar ist. Er wird selbst wie seine
Kunst, die man sich für einen bestimmten Preis an
den Nagel hängen kann. Als Trophäe für gönnerhafte
Sammler in unserer satten Welt. Ein Prestigeobjekt wie
ein Hirschgeweih an der Wand. "Ich – Hirsch".
Doch mit der Trophäe an der Wand wird man keine
Freude haben. Denn mit den persönlichen Zügen von
Volker Hermes bleibt der Blick auf und von dem Menschen,
der das Objekt Künstler weiterhin ist. Dieses
Hähnchen zu essen, diesen Fisch mit Mütze, dieses
Bein mit Schuh könnte dazu führen, dass man sich
daran verschluckt. Ein Risiko, das jeder eingeht, der
meint Kunst nur als etwas schmackhaft dekoratives
konsumieren zu können.
Jan Rinke
»Kunstbüro Düsseldorf